Motorsegler Reiseflugserie – Folge 2

EDQG – EDOV – EDHL – EDBM – EDQG (mit zwei Nächten in EDHL)

Mit dieser Serie von Reiseberichten wollen wir von den Möglichkeiten und Reizen berichten Deutschland und Mitteleuropa mit unserem Flugzeug zu erkunden.

Nachdem vor zwei Jahren die Reiseflugserie mit dem Bericht zu einem Ausflug ins Süddeutsche gestartet ist, folgt nun hier eine zweite Folge zu der Tour von Jens Malzacher nach Lübeck. Für so große Touren ist es wichtig, die exakten Leistungs- und Verbrauchsdaten des Fliegers zu kennen. In den letzten zwei Jahren sind dafür viele Tagesausflüge genutzt worden (leider ohne Berichte).

Rein rechnerisch ist ein Direktflug von Giebelstadt nach Lübeck mit der D-KNIT machbar. Bläst der Wind jedoch ungünstig ins Gesicht, sind die Zuschläge nach Lehrbuch sehr schnell aufgebraucht. Deswegen, und aufgrund des Sitzkomforts, hatte ich schon im Vorfeld eine westliche Streckenführung mit Tank- und Physio-Stopps in Hildesheim oder Uelzen und eine etwas östlichere Streckenführung mit Stopps in Magdeburg oder Stendal ins Auge gefasst.

Die Meteorologen haben Ende Juni von dem ersten Hochdruckgebiet in diesem Sommer gesprochen. Diese mehrtägige Wetterlage mit viel Sonne und Wärme ist optimal für einen längeren Ausflug mit dem Motorsegler nach Sichtflugregeln. Da der Ausflug dann unter der Woche stattfand und Uelzen nur am Wochenende geöffnet hat, habe ich mich für die östliche Streckenführung entschieden. Mittwochvormittag habe ich dann mit Hilfe von Peter und Walter die D-KNIT gerichtet, d.h. aus der Halle geräumt, randvoll getankt, beladen und häuslich eingerichtet.

Die Ergonomie, insbesondere die Sitzposition, des Falken hat ja einen zweifelhaften Ruf. Fehlen zum Gardemaß ein paar Zentimeter Wachstum, muss man oft Bleikissen in Segelflugzeuge wuchten, um die Mindestzuladung zu erreichen. In der D-KNIT sind die fehlenden Zentimeter von Vorteil, kann man sich den Sitz noch etwas „aufpolstern“, und braucht dann auch keine Hilfe beim Aussteigen nach stundenlangem Flug.

Von Giebelstadt ging es auf direktem Kurs nach Stendal. Der Flug war angenehm ereignislos, die Flugbeschränkungsgebiete auf der Strecke waren alle inaktiv. So ging es vorbei an Schweinfurt, zwischen Meiningen und Suhl über den Thüringer Wald, an Erfurt vorbei, östlich des Harz entlang, über Cochstedt, westlich an Magdeburg vorbei, bis ich nach drei Stunden Flugzeit in Stendal gelandet bin. Im Erfurter Becken war die Basis etwas tiefer, so dass ich hier über den Wolken geflogen bin, bevor am Harz die Basis wieder anstieg und ich wieder unter die Wolken getaucht bin. Der Funkverkehr auf der FIS-Frequenz hat für etwas Unterhaltung gesorgt.

Stendal wäre Ausrichter der Segelflug-WM 2020 gewesen, wäre da nicht die Seuche dazwischengekommen. So ist Stendal einfach nur ein alter Militärplatz, der im Rahmen von Strukturmaßnahmen die Gegend beleben soll. Neben dem Tanken, einem kurzen Klönschnack mit dem Flugleiter und Mittagsimbiss habe ich in Stendal die Unterlagen für den nächsten Flugabschnitt in Griffweite gelegt. Immerhin konnte ich ja die ICAO-Karte Nürnberg weglegen (stattdessen brauchte ich Rostock neben Berlin), Anflugblätter aussortieren und das VFR-Flugdurchführungsblatt für den zweiten Abschnitt austauschen.

Tanken in Stendal, altes sowjetisches Militärgerümpel im Hintergrund

Weiter ging die Reise nach Lübeck, der kürzere Teil der Hinreise. Die Gegend zwischen Stendal und Lübeck ist ziemlich gleichmäßig, vor allem auch gleichmäßig dünn besiedelt. Bis zur Elbe sieht fast alles gleich aus, dahinter ändert sich bis zur Autobahn A24 kaum etwas. Nach der A24 kommt der Schaalsee, und man ist dann auch schon fast im Anflug auf Lübeck. Hier an der Küste war es deutlich dunstiger als entlang der Strecke über dem Binnenland … viel Wasser am Boden bringt halt auch meist viel Wasser in der Luft. Da die D-KNIT schon mal im Norden ist, habe ich keinen Direktanflug, sondern noch einen Abstecher über die Lübecker Bucht gemacht. Das hat zufällig auch gepasst, da die Lübecker Landebahn gerade noch blockiert war, so dass ich eh nicht landen konnte. Für solche Fälle macht man ja die 30 Minuten Reserve in die Flugplanung, dass man noch entspannt ein paar Fotos mehr über dem Meer machen kann.

Lübecks Altstadt aus der Luft. Wer findet alle ikonischen sieben Türme?

Die Landebahn war dann aber nur für 15 Minuten blockiert.

Der Lübecker Flughafen hat eine sehr wechselhafte Vergangenheit. Auch der aktuelle Betreiber hat Großes vor, und macht den Flughafen gerade fit für den (erneuten) Passagierverkehr. Der Rollweg C wird zurzeit saniert und auf dem Vorfeld gab es eine neue Teerdecke. Es wurden gerade die Linien für Rollwege und Parkpositionen aufgemalt. Entsprechend gab es keine Rollanweisungen der Lotsen, sondern ein Follow-Me-Fahrzeug für das Rollen auf dem Vorfeld. Ich bin in eine kleine „Rushhour“ gekommen: nach mir ist noch eine Dassault Falcon, eine Zwei-Mot und eine kleine Cessna angekommen. Das einzige Follow-Me-Fahrzeug war gut beschäftigt, alle Flugzeuge auf ihre Parkpositionen zu führen …

Hallenplatz in guter Gesellschaft

Am Donnerstag war Strandtag angesagt. Wir sind jedoch den Touristenströmen aus dem Weg gegangen und nicht auf die Holsteiner Seite der Lübecker Bucht gefahren, sondern an die Mecklenburger Seite. Dort ist es nicht ganz so mondän wie z. B. in Scharbeutz oder Timmendorfer Strand, dafür war der Strand relativ ruhig und leer. Obwohl das Hochdruckgebiet noch dominierte, war schon absehbar, dass feuchte und labile Luft reinsickerte. Das hat zu einem kurzen Regenguss am Abend geführt, aber auch zu einem „Vorziehen“ des Rückflugplans am nächsten Tag um zwei Stunden.

Weltberühmtes Motiv – das Holstentor. Zählt aber nicht zu den sieben Türmen – Marienkirche links und St. Petri rechts davon dagegen schon.

Die Wettervorhersage hat für den Freitag schon ab Mittag schwere Gewitter mit Starkregen und Hagel östlich der Elbe gemeldet (ohne kleines Höhentief über dem Dreiländerecke D, PL, CZ) und eine Konvergenz mit linienhaft gestaffelten Gewittern von Südwest, die dann abends über Franken liegen soll. Also dann freitags früh raus. Gott sei Dank war am Flughafen Lübeck nicht viel los, so dass Aushallen und Rollen sehr zügig gingen. Zur Startbahn in Lübeck ging es von der Halle, in der die D-KNIT übernachtete, 200m geradeaus auf Rollweg B, aber dennoch habe ich wieder den Follow-Me-Wagen bekommen.

Abflug in Lübeck – wieder altes sowjetisches Militärgerümpel im Hintergrund

Der Flug nach Magdeburg ging wieder über die recht eintönige Landschaft von Mittwoch, wobei bei dem Kurs etwas westlicher nun ein paar Städtchen mehr auf der Strecke waren, z. B. Lüchow, Salzwedel oder Gardelegen. Etwa gegen 10 Uhr Ortszeit waren dann auch die ersten Quellwolken an der Strecke, etwas südlich der Elbe auf Kurs. Prägend für diesen Abschnitt war der Gegenwind, so dass ich kurz vor Mittag in Magdeburg ankam. Dort war, abgesehen von zwei weiteren Flugzeugen, auch nichts unterwegs, so dass der Zwischenstopp recht schnell verlief. Tanken in der Mittagssonne in schwüler Luft – aber es waren noch keine Schauer und Gewitter in Sicht. Ein kurzer Wettercheck mit Satelliten- und Regenradarbildern hat dies bestätigt. Bleibt noch die anrückende Konvergenz im Südwesten.

Also direkt los zur letzten Strecke – zurück nach Giebelstadt. Die schöne Wolkenthermik habe ich in Geschwindigkeit umsetzen können, nur das Umfliegen des Sperrgebiets südlich Erfurts hat meinen Geschwindigkeitsschnitt etwas reduziert. Auch mit einem Motorsegler kann man einen „Endanflug“ machen, und damit die Ankunftszeit verbessern, solange man eine entsprechende Reiseflughöhe zuvor hatte. 1800m sind da schon ein ganz guter Wert und man kann auch entsprechend früh anfangen, Höhe gegen Geschwindigkeit zu tauschen, ohne Motor oder Tragwerk zu belasten.

Deutlich vor der sich nähernden Konvergenz war ich dann wieder zurück in Giebelstadt, so dass ich in aller Ruhe die D-KNIT ausräumen, putzen und einhallen konnte. Die Mücken in der schwülen Luftmasse haben ihre Spuren am Profil hinterlassen. Auch hier wieder ein Dank für die Unterstützung von Peter.

Damit sind drei Sommertage zu Lande, zu Luft und an der See vergangen. Es war ein schöner Auftakt zu diesem Sommer, nach einem Seuchen-bedingt recht merkwürdigem Frühjahr. Und in der D-KNIT kann ich noch immer sitzen! Vielleicht/Hoffentlich kommen dieses Jahr noch weitere Destinationen hinzu. Ich möchte mit einem Zitat aus dem letzten Reisebericht schließen: „Abschließend kann ich nur sagen, dass der gesamte Ausflug ein Riesen Erfolg in jeglicher Hinsicht war und wahnsinnig Spaß gemacht hat. Eine super Aktion die definitiv nicht unsere letzte in diesem Jahr bleiben wird. Wir können nur allen Interessierten empfehlen in dieser Richtung auch mal aktiv zu werden, wenn man die Lust und das Interesse verspürt.“ Es muss ja nicht unbedingt eine Tour quer durch die Republik über mehrere Kartenblätter sein

Der Ausflug in Zahlen:

  • 2 Kissen auf der Sitzfläche, 2 Kissen im Rücken
  • 3 Tage Ausflug
  • 4 Flüge mit in Summe 8h 53 min Flugzeit
  • 5 unterschiedliche Transponder-Codes
  • Geflogene Strecke: ~540NM/1000km
  • 7 überflogene Bundesländer (Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen)

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